Sortenhandbuch

Algier-Salat © Helmut Hohengartner

Sortenhandbuch

zusammengestellt von Barbara Hable

"Der Verein ist gewachsen, die Erhalter  sind nur mehr 1%. Der Bedarf ist nicht mehr so groß. Die Kosten sind explodiert. Es gibt Feedback von Mitgliedern – wir brauchen das nicht." 
(eine Arche Noah Mitarbeiterin über das Sortenhandbuch) 

Wer braucht noch ein gedrucktes Sortenhandbuch?

Das gedruckte Sortenhandbuch und sein regelmäßiges Erscheinen war von Anfang an in den Statuten der Arche Noah verankert. Bei der Mitgliederversammlung 2017 wurden umfangreiche Statutenänderungen vorgenommen, um den Verein an die neue Strategie des Vorstands (mit Christian Schrefel als Obmann) anzupassen. Die Abschaffung des Sortenhandbuchs war ein Teil davon.

Wer fürchtet sich vorm Sortenhandbuch?
Im Zuge unserer Recherchen sind wir zu der Erkenntnis gelangt, dass die Bedeutung des Sortenhandbuchs vor allem in der Dokumentation des Angebots und der Weitergabe von Sorten liegt. Wenn ich meine Sorten in den Online-Katalog stelle, habe ich später nichts in der Hand, mit dem ich beweisen könnte, dass diese Sorte von mir über einen gewissen Zeitraum angeboten wurde.
Im Sortenhandbuch ist außerdem dokumentiert, dass viele Sorten von mehreren Personen an verschiedenen Standorten vermehrt werden. Online ist das alles zwar sichtbar, aber später  nicht mehr nachvollziehbar. Denn was rausgenommen wird, ist weg, ich kann es nicht nachlesen. 
Nachweisen möchte ich das können für den Fall, dass ich meine Sorte im Supermarkt treffe, in einem Samensackerl und mit Sortenschutz versehen.

Das Sortenhandbuch schützt unsere Sorten vor Sortenschutz!
Das Sortenhandbuch bewahrt die Kulturpflanzenvielfalt für zukünftige Generationen. Für alle.
Aber nur, wenn es gedruckt wird.

Das gedruckte Sortenhandbuch ist ein zentrales Verbindungsstück im Netzwerk und als solches unverzichtbar, nicht nur für die ErhalterInnen. Auch „normale“ Mitglieder haben sich daraus informiert und vermissen es sehr. Es ist ein wesentliches Arbeitsmittel. Das Sortenhandbuch fördert wesentlich mehr den Austausch untereinander und die Neugierde auf das, was die anderen machen. 
Das Online-Sortenhandbuch ist bei ErhalterInnen und ganz vielen Mitgliedern/BestellerInnen unbeliebt. Viele verwenden nach wie vor alte Sortenhandbücher, wenn sie ErhalterInnen kontaktieren. Der Netzwerk-Katalog hat dazu geführt, dass BestellerInnen – wenn überhaupt – überwiegend aus den „vier Sorten“ bestellen. Das steht der Verbreitung von Vielfalt völlig entgegen. 

Das Handbuch als Register der verfügbaren Sorten für die Weitergabe zu Vermehrung und Versuchsanbau im eigenen Garten kann unserer Ansicht nach dem Trend, Raritäten als Konsumgut zu betrachten, entgegenwirken. Schwerpunkt des Sortenhandbuchs ist standortangepasste Vielfalt, es macht diese Vielfalt direkt sichtbar, die Stärke des Netzwerks spürbar und ermächtigt Mitglieder, eigenverantwortlich aktiv zu werden. Indem es sich vom Mainstream abhebt, bleibt es unverwechselbar, etwas Besonderes und stärkt das Wir-Gefühl. Mit jedem Packerl Saatgut, das innerhalb des Netzwerks weitergegeben wird, wird auch die Begeisterung weitergegeben.

Hier ein paar Zahlen
Häufig wird als Argument gegen die Druckversion der hohe Kostenaufwand angegeben. Hier wurden uns 20 000 Euro genannt. Wenn man von zweijähriger Erscheinungsweise ausgeht (das wäre in Ordnung), dann gibt es 10 000 Euro im Jahr. Teilt man diese auf 17 000 Mitglieder auf, dann sind das pro Mitglied 59 Cent an Kostenbeitrag. Das sollte wohl zumutbar sein, vor allem wenn man sich vergleichend andere Ausgabenposten des Vereins anschaut.

In den Sortenhandbüchern der Druckversion haben zuletzt konstant ungefähr 150 ErhalterInnen ihre Angebote vorgestellt. Mit Einführung des Netzwerk-Katalogs scheinen schlagartig nur noch 94 bzw. 96 ErhalterInnen auf. Das heißt: Mehr als ein Drittel des ursprünglichen Erhalter-Netzwerks stand von Anfang an nicht hinter dem neuen Medium. Viele andere, haben zwar beim Netzwerk-Katalog mitgemacht, stehen aber nicht dahinter. Das ist in Summe keine hohe Akzeptanz dieses Heftchens.

Fazit:
Das Druckwerk als zentrales Organ für die dezentrale Erhaltung ist für uns als Austauschplattform, Nachschlagewerk und Medium
zur Vermittlung der grundsätzlichen Ziele des Vereins unverzichtbar, eine Online-Version mit Bildern kann dieses
ergänzen, aber nicht ersetzen. 

Dieser Text wurde zu einem Großteil in einer Arbeitsgruppe zur Vorbereitung des Zukunftsforums erarbeitet. Das vollständige Dokument finden sie in der Rubrik "Erhaltungsnetzwerk".
Zum Thema Erhaltungsnetzwerk Die Anträge zur Wiedereinführung des Sortenhandbuchs Rundschreiben "Eine Mehrheit fürs Sortenhandbuch"

Aus der Geschichte der Arche Noah: Dezentrale Erhaltung, Sortenhandbuch und Sammlung im Archiv

Peter Scherenzel-Zipser und Beate Koller schreiben über die Sorten im Sortenhandbuch (1999):
"....Manche sind ja sehr alte Züchtungen, zudem trägt der Handel oft keineswegs zur Verbreitung von Sorten bei (weil manche Sorten nur in wenigen Ländern erhältlich sind) und schützt auch nicht vor dem Verschwinden (denn jährlich werden viele ältere Sorten aus dem EU-Sortenkatalog gestrichen). Wir laden Sie mit unserem neuen Arche Noah Sortenhandbuch im Namen aller Erhalter/innen ein, aus Ihrem Garten auch ein Rettungsboot zu machen und sich der Arche Noah anzuschließen..."

Und zu den Sorten im Samenarchiv (1998):
Der Verein Arche Noah unterhält zur zusätzlichen Absicherung der Sorten auch ein Samenarchiv von rund 6000 Sorten und Herkünften. Diese Sorten werden regelmäßig im Schaugarten zur Samengewinnung angebaut und werden an Mitglieder und Interessenten weitergegeben, die sie im eigenen Garten erhalten und nutzen wollen.

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